Château Mouton Rothschild 2002: Top-Wein trotz turbulentem Jahrgang
„Premier je suis, second je fus, Mouton ne change“ – so lautet das Motto von Château Mouton Rothschild. Doch was geschieht, wenn Selbstbewusstsein und Beständigkeit auf die unbändige Gewalt der Elemente treffen? Wenn Hitze, Kälte, Regen und Sturm den Winzern im Bordelais das Leben schwer machen und jede Tätigkeit im Weinberg zu einer echten Gratwanderung wird? Ist es unter diesen Bedingungen ratsam, seinem selbstbewussten Motto treu zu bleiben? Und ist Château Mouton Rothschild 2002 heute noch eine lohnende Investition?
Gerade in schwierigen Jahren, wie z. B. dem Bordeaux-Jahrgang 1992, hat Château Mouton Rothschild Größe bewiesen und Weine weit über dem Durchschnitt produziert. So lag der Mittelwert aller Bewertungen für die Appellation Pauillac im Jahr 1992 bei 70 Punkten, während Château Mouton Rothschild mit 88 Punkten bewertet wurde. Ähnlich sieht es beim Château Mouton Rothschild 2002 aus: Der Grand Vin lag mit 91–94 Punkten zwar hinter Château Latour, wurde jedoch aus Sicht von Jancis Robinson falsch eingestuft: „Mouton looks under-rated, while Latour may be over-rated to judge by its performance in our blind tasting.“
Wie spannend der Château Mouton Rothschild 2002 ist, zeigt sich nicht nur in der jüngsten Bewertung von René Gabriel (20/20 Punkte), der von dem Wein vollends überzeugt ist. Ein ähnliches Ergebnis hat auch unsere alljährlich stattfindende „Best Bottle“-Verkostung im Herbst 2024 ergeben. Hier haben insgesamt 15 Bordeaux-Weintrinker den „Mouton“ im Rahmen einer Blindverkostung im Durchschnitt mit 96,07 Punkten bewertet. Na, wenn das keine klare Antwort auf die vielen Fragen ist!
Fazit zum Château Mouton Rothschild 1er Cru 2002 aus Pauillac
Der Château Mouton Rothschild 2002 wurde aus einer 0,75 Literflasche verkostet und im Vorfeld von dem Eventteam dekantiert. Der Rotwein aus Pauillac hatte einen Alkoholgehalt von 13,0 % Vol. und setzt sich aus den Rebsorten Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Petit Verdot zusammen. Nachfolgend findest Du meine Notizen der Blindverkostung:
Anblick: Der Château Mouton Rothschild 2002 präsentierte ein tiefdunkles, dennoch jugendliches Rubingranat mit schwarzer Mitte und leichter Randaufhellung im Glas. Der Marangoni-Effekt zeichnete an der Glasinnenseite attraktive Bilder und unterstrich die ölige Viskosität des Weins.
Geruch: Die Flasche wurde bereits einige Stunden vor der Verkostung geöffnet und dekantiert, sodass das Bouquet ausreichend Zeit hatte, sich zu entfalten. Die Nase zeigte sich intensiv und nahezu jugendlich mit Aromen von Eukalyptus, Graphit, Bleistiftmine sowie schwarzen Johannis- und Brombeeren. Zudem waren Noten von feuchtem Tabak und Kastanie wahrnehmbar.
Geschmack: Am Gaumen präsentierte sich der Wein mit mittlerem bis vollem Körper, fleischiger Textur und ausgeprägter Frucht, untermalt von einer deutlich wahrnehmbaren Minznote. Die sanftmütigen Tannine sind sehr gut integriert und dennoch spürbar. Das würzige Finale besitzt ordentlich Grip und besticht durch gute Länge.
Fazit (96 Punkte): Trotz des klimatisch herausfordernden Jahrgangs ist Château Mouton Rothschild ein Spitzenwein gelungen. Auch nach über zwanzig Jahren besitzt der 2002er noch mindestens eine weitere Dekade Reifepotenzial. Einzig im Abgang hätte ich mir trotz guter Präsenz noch etwas mehr Länge gewünscht.
© Bilder: Kim-Christopher Granz, SelteneWeine.de